Koordination, Abstimmung, Vernetzung – kommunale Bildungssteuerung erleichtert Berufsorientierung im Landkreis Ostallgäu
Die Jugendlichen von heute sind die Fachkräfte von morgen. Damit der Übergang von der Schule in den Beruf möglichst reibungslos klappt, setzt der Landkreis Ostallgäu im Rahmen seiner kommunalen Bildungssteuerung einen Schwerpunkt auf die Berufsorientierung.
Nachdem der Landkreis Ostallgäu im März 2014 zur "Bildungsregion Bayern" ausgezeichnet wurde, stellte sich den Verantwortlichen die Frage, wie es mit den Strukturen und Maßnahmen, die während des Bewerbungsprozesses formuliert wurden, weitergehen soll. Zudem machten sie sich Gedanken darüber, wie man im Landkreis Bedarfe besser erkennen und dabei auch externe Akteure stärker dauerhaft miteinbinden kann.
Die Antwort kam mit der Veröffentlichung des Förderprogramms "Bildung integriert" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, das teilnehmenden Kommunen je eine Vollzeit-Personalstelle für Bildungsmanagement und Bildungsmonitoring finanziert.
Dr. German Penzholz, Bildungs- und Inklusionskoordinator: "Als wir Anfang 2015 von 'Bildung integriert' hörten, haben wir gesagt, das passt doch, denn damit können wir über das Bildungsmonitoring eine Bedarfsanalyse durchführen, was uns vorher gefehlt hat. Zugleich können wir mit dem datenbasierten Steuerungskreislauf auch Prozessroutinen aufsetzen, über die wir die Möglichkeit haben, in einer verstetigten Struktur mit dauernder Einbindung externer Akteure Bildung in der Kommune zu gestalten."
Zusammenarbeit von internen und externen Bildungsakteuren
In der Zwischenzeit ist im Landkreis Ostallgäu viel passiert – es wurden Strukturen, Prozesse und Netzwerke verstetigt, über die verwaltungsinterne und externe Bildungsakteure Themen im Bildungsbereich gemeinsam diskutieren und bedarfsgerechte Lösungen finden können.
Von diesen Prozessroutinen profitiert auch Tanja Hiemer, Koordinatorin für Berufsorientierung. Sie ist zuständig für die Vernetzung und Koordination der regionalen Akteure in diesem Bereich. Dazu Penzholz: "Wir definieren das kommunale Bildungsmanagement dahingehend, dass die kommunale Behörde Bildungsmöglichkeiten vor Ort gestaltet. Für die Koordination der Berufsorientierung konnte meine Kollegin Tanja Hiemer über bereits vorhandene Netzwerkmöglichkeiten sehr schnell mit den wichtigsten Akteuren für die Berufsorientierung in Kontakt treten, wie beispielsweise über die Arbeitskreise Schule-Wirtschaft. Auch lagen Informationen vor, die ansonsten durch die Einzelstelle hätten erst langfristig erarbeitet werden müssen. Der Schwerpunkt der ersten beiden Bildungskonferenzen lag ebenfalls auf der Berufsorientierung. Das Veranstaltungsformat Bildungskonferenz hatte den Vorteil, dass hier eine große Anzahl an Akteuren ins Gespräch kommen, wichtige Impulse setzen und Erfahrungen weitergeben konnte. Über die amtsinterne Steuerungsgruppe konnte Frau Hiemer schnell in einen innerbehördlichen Austausch mit anderen Abteilungen und Sachgebieten bei uns im Haus treten. Auch hatten wir bereits Verbindung zu den anderen Landkreisen und kreisfreien Städten in unserer Umgebung, was die Suche nach Ansprechpersonen dort und einen Austausch über Best-Practice-Beispiele oder ähnliches erleichtert. Mit der Stadt Kaufbeuren beispielsweise arbeiten wir eng zusammen und führen auch gemeinsame Projekte durch."
Abstimmung der Projekte und Angebote
Die Angebote zur Berufsorientierung sollen den Übergang Schule-Beruf verbessern. "Wir haben sehr viele Akteure, die in der Berufsorientierung agieren und genauso viele Angebote, Projekte und Maßnahmen. Unser Ziel ist es, dass die Akteure miteinander in den Austausch treten, damit Projekte nicht parallel, sondern aufeinander abgestimmt angeboten werden. Außerdem ist es uns wichtig, die Schulen in ihrer konzeptionellen Arbeit zu unterstützen und Anregungen für neue Projekte zu geben", so Hiemer.
Durch ihre Arbeit gemäß dem Leitspruch "standortspezifisch, schülerorientiert, systematisch und zielgerichtet" konnte sie bereits viele Verbesserungen im Bereich der Berufsorientierung bewirken.
Koordination eines stetigen Austauschs
So fördert Hiemer die Vernetzung sowie den Austausch zwischen Gymnasien, Realschulen, Mittelschulen, Förderschulen, Berufsschule, den Berufsberatern der Agentur für Arbeit sowie den Betrieben. Um beispielsweise die Gymnasien bei der Berufsorientierung zu unterstützen, rief sie Regionaltreffen ins Leben - zum einen für die jeweiligen Schulleitungen und in einem zweiten Schritt auch für die Lehrkräfte, die die relativ neue Aufgabe der Koordination für Berufliche Orientierung (KBO) an ihren Schulen übernehmen. "Gemeinsam mit der Arbeitsagentur wollen wir diesen Lehrkräften Unterstützung bieten, um ein schulspezifisches Konzept zur beruflichen Orientierung zu erarbeiten. Dazu ermöglichen wir einen Überblick über die Angebots- und Akteursvielfalt im Bereich Berufsorientierung in der Region. So können sie untereinander auch in einen Austausch kommen und gemeinsam Themen bearbeiten, wie z.B. 'Wie kann ich die Elterneinbindung an meiner Schule fördern?' oder 'Was gibt es für unterschiedliche Kompetenzfeststellungsverfahren?'", fasst Hiemer zusammen. Vergleichbare Regionaltreffen werden auch für die Mittelschulen organisiert und sind für die Realschulen in Planung. Über Runde Tische z.B. mit dem regionalen Handwerk, mit der Kreishandwerkerschaft und der Handwerkskammer werden die Betriebe an der Vernetzung und dem Austausch beteiligt.
Information sorgt für mehr Transparenz
Damit sich die Akteure über geplante Projekte und Aktivitäten informieren können, pflegt Hiemer eine Übersicht auf der Homepage des Landratsamtes über Veranstaltungen wie Berufsorientierungsmessen, Berufsorientierungstage, Einzelaktivitäten von Schulen oder große Regionalmessen. Ein Newsletter informiert alle relevanten Akteure über interessante Netzwerkrunden, Projekte, Informationen und Veranstaltungen rund um das Thema Berufsorientierung.
Erkennen der Bedarfe
Hiemer: "Zu Beginn meiner Tätigkeit war es mir wichtig, die Wahrnehmung der Schülerinnen und Schüler aufzugreifen, damit auch diese in künftige Projekte und Maßnahmen miteinfließen kann. Dazu habe ich eine stichprobenhafte Schülerbefragung an Realschulen und Mittelschulen durchgeführt. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass schulartunabhängig Praktika eine sehr große Bedeutung haben. Auch der Einfluss der Eltern spielt offensichtlich eine sehr zentrale Rolle bei der Berufswahl. Zudem wurde die Orientierung an Stärken und Interessen von den Schülerinnen und Schülern bei der Berufswahl als wichtig hervorgehoben. Für Gymnasien ist eine solche Befragung noch in Planung."
Wichtig für den Landkreis ist auch eine Ergebnisorientierung durch Bildungsmonitoring. Ohne eine geschlossene Statistikstelle ist es jedoch eine Herausforderung, an kleinräumige Daten zu kommen. Im Landkreis Ostallgäu ist man nun so vorgegangen, dass die Ergebnisse und Trends, die auf offiziell verfügbaren Zahlen basieren, gemeinsam mit den Fachleuten besprochen und daraus gemeinsam Handlungsrichtungen entwickelt werden.
"2015 und 2018 haben wir Unternehmensbefragungen gemacht und nach der Bewertung der Lage der beruflichen Ausbildung gefragt. 2018 hatten wir ein signifikant positiveres Ergebnis", erklärt Penzholz. "Durch die Vernetzung von Schule und Wirtschaft konnte zwischen diesen beiden Akteursgruppen ein viel besserer Austausch gestaltet werden. Ein Beispiel ist die Ausbildungsmesse in Marktoberdorf, die der Arbeitskreis Schule-Wirtschaft Marktoberdorf mit unserer Unterstützung eingerichtet hat. Sie wird sehr gut angenommen und trägt zu einer großen Zufriedenheit aller bei."
Mit kommunalem Bildungsmanagement für neue Herausforderungen gewappnet
Sind die Strukturen und Prozesse eines datenbasierten kommunalen Bildungsmanagements einmal aufgesetzt, können Kommunen Bildungsthemen bedarfsgerecht und unter Einbeziehung aller relevanter Akteure sehr effizient bearbeiten und gestalten. Im Ostallgäu zeigte sich dies bei der Integration Neuzugewanderter in Bildung und Beruf. Schnell konnten gemeinsam geeignete Handlungsansätze gefunden werden, um sehr vielen Jugendlichen zu einer guten beruflichen Perspektive zu verhelfen. Dies bestätigt eine sehr hohe Vermittlungsquote in eine Ausbildung oder schulische Anschlussmaßnahme.
Landrätin Maria Rita Zinnecker: "Bildung verbindet viele Akteure und erfordert Zusammenarbeit. Mit dem DKBM können wir die Zusammenarbeit zielgerichtet steuern, was den Akteuren und schlussendlich unseren Bürgerinnen und Bürgern hilft."
Koordination der Berufsorientierung: Gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER)
Fotos: Landkreis Ostallgäu