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Bildungsregion Landkreis Ravensburg: Bildungsbüro bringt Verwaltungshandeln und Netzwerkarbeit in Einklang

Das Motto bei der Gründung der Bildungsregion Ravensburg im Februar 2006 hat an Bedeutung und Strahlkraft nichts verloren: In Verantwortung, nicht in Zuständigkeiten denken und handeln. Bildung als individuell-biografischer Prozess wie auch als einrichtungs- und strukturübergreifende Angelegenheit liegt quer zu diversen Zuständigkeiten innerhalb der Verwaltung. Dieses Motto stellt immer noch die Basis für das Regionale Bildungsbüro, also die Geschäftsstelle der Bildungsregion, dar. Auch die Steuergruppe für die Bildungsregion ist ein Abbild dieses Mottos, hier sind Akteure aus Bildungseinrichtungen, Vertreterinnen und Vertreter aus Städten und Gemeinden, der Schulverwaltung, der Jugendhilfe sowie der Landkreisverwaltung vereint.

Sei es auf lokaler Ebene in den Städten und Gemeinden, auf Landkreisebene, auf Landes- oder gar Bundesebene: Die Bildungslandschaft ist in ihrer "Zuständigkeit" sehr fragmentiert, gerade aus Verwaltungs- oder Finanzierungssicht. Im Landkreis Ravensburg bekannten sich bereits im Jahr 2006 Schulverwaltung, Kommunen, Landkreisverwaltung und -politik sowie Vertreterinnen und Vertreter von Einrichtungen aller Bildungsbereiche zur Bildungsregion und damit zur staatlich-kommunalen Verantwortungsgemeinschaft – und dieses Bekenntnis trägt bis heute. Seit mehr als 13 Jahren entstehen Initiativen in Form von Projekten, Gremien, Fortbildungen und Fachveranstaltungen, Informationskampagnen, aber auch konkrete Produkte wie das Schülerportfolio zur Berufsorientierung, Handbücher zur Sprachförderung oder Online-Beratungstools. Die Adressatengruppen reichen von der frühkindlichen Bildung bis in die Erwachsenenbildung, von der ländlichen Bildungsinitiative bis zu Hochschulen und vereint haupt- und ehrenamtliche Akteure.

Vizelandrätin Eva-Maria Meschenmoser:
“Verwaltungshandeln und Netzwerkarbeit können Hand in Hand erfolgen, erst recht in Sachen Bildung. Die Bildungsregion Ravensburg und das Regionale Bildungsbüro im Landkreis Ravensburg stehen dafür exemplarisch. Wenn es um die Bildung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen geht, dann werden in der Bildungsregion die Gestaltungsräume zwischen den Zuständigkeiten genutzt.”

Die Verortung des Bildungsbüros in der Verwaltung will gut überlegt sein

Bildung gilt als wichtiger "Rohstoff", der jedoch – oft auch im kommunalen Kontext – wenig im Mittelpunkt einer bereichsübergreifenden Betrachtung steht. Die Zuständigkeit liegt woanders, es gibt Abgrenzungsverhalten von Bildungsbereichen oder keine fließenden Grenzen formaler und informeller Bildung. Vor diesem Hintergrund wurde im Landkreis Ravensburg entschieden, das Regionale Bildungsbüro genau an der Stelle zu verorten, wo der Blick und die Handlungsfelder für die Region am ehesten gebündelt sind, nämlich an der Hausspitze des Landratsamtes. Wie alle Landkreisverwaltungen vereint auch die Landkreisbehörde im Flächenlandkreis Ravensburg sehr unterschiedliche Aufgabenfelder, fast alle als gesetzliche Pflichtaufgabe und mit klaren Verwaltungsverfahren hinterlegt. Und dennoch: Als Stabsstelle unter der Verantwortung der Vizelandrätin Eva-Maria Meschenmoser, die alle Landkreisthemen mitverantwortet und ein eigenes Dezernat führt, kann das Regionale Bildungsbüro übergreifend agieren. Die Bereiche Integration und Inklusion, Familien- und Jugendhilfe, Soziales und Jobcenter, Gesundheit und Prävention, Kulturarbeit, Wirtschaftsförderung und die beruflichen Schulen in Kreisträgerschaft sind alle in Landkreisverantwortung, meist als eigene Ämter organisiert und verschiedenen Dezernaten zugeordnet.

Die Stabsstellenrolle, aber auch die Beauftragung verschiedener Ausschüsse des Kreistages ermöglichen es dem Regionalen Bildungsbüro, amtsunabhängig initiativ zu werden. So gehören z.B. gemeinsame Projekte mit dem Gesundheitsamt und Jugendamt zum Thema Prävention durch Stärkung der frühkindlichen Sprachbildung und der Familienbildung ebenso dazu wie die gemeinsame Moderation der Jugendberufsagentur mit Jobcenter, Jugendamt und Agentur für Arbeit. Dafür steht auch Eva-Maria Meschenmoser persönlich, die immer wieder Türen öffnet, und mit einem strategischen Weitblick keine Zuständigkeitsgrenzen zulässt – auch mit Blick auf die Themen und Akteure der Bildung außerhalb der Landkreisverwaltung. Ein entsprechendes „Gewicht“ bei Initiativen bringt sie qua Funktion mit.

Kommunale Deutschsprachförderung: Regionales Bildungsbüro ebnet Wege für abgestimmtes Handeln

Als sich im Laufe des Jahres 2015 abzeichnete, welche Herausforderung durch die hohe Zahl an Neuzugewanderten auf den Landkreis, die Städte und Gemeinden, aber auch das Bildungssystem zukommen, bot die bereits beschriebene amts- und dezernatsübergreifende Herangehensweise große Vorteile. Eine wesentliche Herausforderung war, den mutmaßlichen Sprach- und Bildungsstand der neuzugewanderten geflüchteten Menschen zu erfassen und dafür zu sorgen, dass neben den Sprachlernangeboten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BaMF) niederschwellige, schnell nutzbare und ortsnahe Spracherwerbsangebote auch für Personen ohne BaMF-Anspruch zur Verfügung stehen. Hier hat das Regionale Bildungsbüro in Abstimmung mit dem Amt für Migration und Integration, dem Jobcenter, der Agentur für Arbeit sowie dem Regionalkoordinator des BaMF die Aufgabe der Koordination übernommen.

Die Bundesagentur für Arbeit hat mit dem Format der Einstiegskurse niederschwellige Spracherwerbsangebote eröffnet, die auf regionaler Ebene kaum passgenau und gerecht zu organisieren waren. Bei einer Anzahl von mehr als 20 Sprachbildungsträgern, die hier einsteigen wollten, ist es unter der Regie und in enger Abstimmung durch das Bildungsbüro mit der lokalen Agentur für Arbeit gelungen, eine Systematik der Koordinierung aufzubauen, die bis heute Bestand hat, sehr gut reguliert ist, ständig weiterentwickelt wird und seit mehreren Jahren durch Mittel des Kreises auch finanziert ist.

Als eine der ersten Kommunen bundesweit hat der Landkreis Ravensburg den Einstieg in das Programm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) "Kommunale Koordinierung der Bildungsangebote für Neuzugewanderte" gefunden. Zwei seit August 2016 durchgehend besetzte Koordinierungsstellen sind in diese Schwerpunktaufgaben eingestiegen. Gerade in dieser Phase des Aufbaus zweier Stellen an einer Schlüsselstelle der Integration hat sich gezeigt: Die Anbindung an das Regionale Bildungsbüro und die Verortung als Querschnittsstellen zwischen verschiedenen Ämtern und Behörden hat die Akzeptanz für diese Koordinierungsaufgabe wesentlich gesteigert. Der Effekt wurde von Beginn an deutlich. Beispiel: Bereits zum Jahresende 2016 wurde der dritte kommunale Bildungsbericht für den Landkreis im Regionalen Bildungsbüro mit dem Schwerpunktkapitel "Bildungsintegration von Neuzugewanderten" verfasst. Dieses Kapitel wurde mit eigenen Daten zur kommunalen Deutschsprachförderung sowie Daten von Jobcenter, Jugendamt, Staatlichem Schulamt, Regierungspräsidium und Agentur für Arbeit erstellt. Die gesamte Koordination dieses Prozesses oblag den beiden kommunalen Koordinatoren.

Nachfolgende Abbildung verdeutlicht das datenbasierte kommunale Bildungsmanagement im Landkreis Ravensburg am Beispiel der Kommunalen Deutschsprachförderung.

Der Idealtypus des DKBM greift bei der Kommunalen Deutschsprachförderung in der Bildungsregion Ravensburg.

Inzwischen ist es im Zuge der Kommunalen Koordinierung gelungen, mit den Formaten der kommunalen Deutschsprachförderung den Bedarfen aus Schul-, Ausbildungs- und Beschäftigungssicht gerecht zu werden: Nicht mehr die geschlossenen, homogenen und teilnehmerstarken Kurse mit einem übereinstimmenden Bildungsziel und Lernfortschritt stehen im Mittelpunkt der Förderung, sondern passgenaue und bedarfsgerechte Bildungsmaßnahmen direkt vor Ort und gar am Arbeitsplatz. Unternehmen, Kommunen, Schulen, Verbände, Vereine und sonstige Träger formaler oder informeller Bildung erkennen ihren Förderbedarf vor Ort, entwickeln ein Konzept zur Umsetzung von Bildungsmaßnahmen, suchen die Kooperation mit geeigneten Trägern oder Lehrkräften und beantragen dies zur Förderung beim Regionalen Bildungsbüro. Eine konstruktive Beratung, die individuellen Durchführungsvereinbarungen und die Dokumentation der Maßnahme mit Testergebnissen und/oder Abschlussberichten tragen dazu bei, die Kommunale Deutschsprachförderung zunehmend datenbasiert zu koordinieren.

Der Effekt: Bedarf wird vor Ort wahrgenommen und dort werden auch passgenaue Settings für Sprachbildungsmaßnahmen konzipiert. Dadurch, so zumindest zeigen dies die Abschlussergebnisse und -berichte, werden deutlich mehr Maßnahmen mit höherem Sprachniveaus abgeschlossen als in homogenen Kursen. Bei mehr als 1.100 Teilnehmenden in kommunalen Sprachbildungsangeboten allein im Jahr 2018 fällt auf, dass in homogenen Kursen der Anteil erreichter Sprachniveaus unter A2 bei 81% lag, bei passgenauen Bildungsmaßnahmen lediglich bei 34%, die erreichten Sprachniveaus über A2 also bei 66%.

Das Modell der Kommunalen Deutschsprachförderung funktioniert inzwischen so gut, dass es als Modell überregional bekannt und auch schon bundesweit vorgestellt wurde1.

Abschließend seien die drei wesentlichen Vorzüge, die durch das Regionale Bildungsbüro im Landkreis Ravensburg entstehen, zusammengefasst:

Als Stabsstelle direkt an der Spitze des Landratsamtes angesiedelt, fungiert das Regionale Bildungsbüro als amts- und behördenübergreifender Initiator und Moderator in Projekten und Berichten. Solche Projekte werden immer wieder auch in reguläre Strukturen der Verwaltung und von Bildungseinrichtungen übernommen, z.B. die Gewinnung, Qualifizierung und Koordinierung von Sprach- und Kulturmittlern beim Amt für Migration und Integration.

Mit Initiativen und Projekten "zwischen" diversen Zuständigkeiten schafft das Regionale Bildungsbüro einen Mehrwert. Deutlich wird dies gerade bei Themen der Bildungsübergänge, etwa im Hinblick auf die durchgängige Sprachbildung mit gemeinsamen Fortbildungen für Pädagoginnen und Pädagogen aus der frühkindlichen und der schulischen Bildung oder einem Elternratgeber für alltagsintegrierte Sprachförderung in der Familie.

In der regionalpolitischen Betrachtung fungiert das Regionale Bildungsbüro als Radar für Trends und Herausforderungen in der Bildung. Gerade bei der Sprachbildung von Neuzugewanderten waren und sind datenbasierte Berichte Grundlage von Entscheidungen auf kommunaler Ebene.

1 Vgl. Dokumentation der Hohenheimer Tage zum Migrationsrecht vom 25.-27.01.2019


Weitere Informationen:

Regionales Bildungsbüro im Landkreis Ravensburg
www.bildungsbuero-ravensburg.de

Ansprechperson:
Ludger Baum
Leitung des Regionalen Bildungsbüros


Text und Fotos: Landkreis Ravensburg